„Agile Hardware Entwicklung- das geht doch nicht!!!!“ – Erfahrungsbericht über die Agile Systems Konferenz 2017 in München
In München, im Werk1, in einem ehemaligen Industriegebäude, fand am 17. und 18.10.2017 die Agile Systems Konferenz (ASK) statt. Über 65 Teilnehmer informierten sich an zwei Tagen über Agilität in der System- und Hardware-Entwicklung und erlebten die praktische Umsetzung in Hackathon, Simulationen und Übungen. Am Anfang beschäftigte die Teilnehmenden vor allem eines: „Agile Hardware Entwicklung- das geht doch nicht!!!!“ Durch Erfahrungsaustausch und Berichte derjenigen, die diesen Weg schon gegangen sind, wurde diese Haltung zunehmend hinterfragt.
Impulsvorträge und Open-Space
Die Impulsvorträge wurden durch Dr. André Christ und Dr. Michael Frank eröffnet, die von der Transformation der Leica Camera AG aus eigener Erfahrung berichteten. Im Anschluss gab Dr. Jörgen Furuhjelm einen Überblick über agile Praktiken bei der SAAB Group. Beide Vorträge zeigten, wie unterschiedlich der Weg zur Agilen Transformation gestaltet werden kann, aber vor allem zeigten sie, dass Produkte agil entwickelt werden können.
Nach diesen Impulsvorträgen wurde in einem Open Space der „Raum geöffnet“, um sich effizient, selbstorganisiert und lösungsorientiert auszutauschen. Einige Themenkomplexe wurden bereits im Vorfeld gefunden, weitere wurden spontan durch die Teilnehmer eingebracht. Es entstand ein stabiler methodischer Rahmen, in dem viele Menschen selbstverantwortlich ihre Anliegen gemeinschaftlich bearbeiten konnten.
Nach der Mittagspause wurden die Teilnehmer durch den Vortrag von Alfred Rettenweber von Wacker Neuson Produktion GmbH & Co. KG mitgerissen, der innovativ mit Brown Paper und Moderationskarten statt PowerPoint gehalten wurde. Die Impulsvorträge wurden zuletzt abgerundet durch einen Vortrag von Michael Effertz von der RWE Power AG zu Agiler Vertragsgestaltung.
Auch nach diesen Impulsvorträgen wurde wieder der Open Space eröffnet und die Teilnehmer konnten sich aktiv und selbstbestimmt austauschen. Der Erfahrungsaustausch setzte sich danach in gemütlicher Runde beim gemeinsamen Abendessen fort. Am nächsten Tag wurde der Fokus auf die praktische Erfahrung gesetzt: In Workshops und Hackathon erlebten die Teilnehmer, was es heißt, agil zu arbeiten.
Workshops und Hackathon
Beim Hardware-Scrum-Hackathon von Jan Ebert (HOOD GmbH) haben Systemingenieure innerhalb von ca. 6h ein funktionsfähiges Echtzeit-System zur mikroprozessorunterstützten Aufzucht von Triops entwickelt. Die Teilnehmer nutzten Scrum, um schnell nutzbare Resultate zu erzielen. Bereits nach dem ersten Sprint hatten die meisten Entwicklergruppen ein demonstrierbares Ergebnis, was hauptsächlich durch ein Slicing mit Hilfe von Story Maps ermöglicht wurde.
Parallel erarbeiteten die Teilnehmer des Workshops von Bernd Busam und Felix Heppner (oose – Innovative Informatik) die „Vorteile und Grenzen von Agilität im Systems Engineering“: Am Vormittag gab es eine Einführung in das Agile Manifest, die Werte und Prinzipien. Diese wurden dann den Prozessen im Systems Engineering gegenübergestellt. Nach der Mittagspause ging es dann in die Praxis: Die Teilnehmer bekamen eine Aufgabe gestellt, die in kurzer Zeit zu bearbeiten war, in der Informationen zu Beginn der Aufgabe schwer zugänglich waren: Eine Mars-Raumstation sollte entwickelt und gebaut werden. Diese komplexe Aufgabe wurde durch die Selbstorganisation und Komplexität der Teilnehmerteams (fast) zur Zufriedenstellung gelöst. Das wertvollste Ergebnis war die Erkenntnis in der Retrospektive: „Es geht! Auch wenn keiner wirklich den Überblick hat.“
Im Workshop „Kanban für Fortgeschrittene“ Jens Donig (HOOD GmbH) ging es nach einer kleinen Einführung und Wiederholung der bekannten Kanban Methode nahtlos in das „Pizza-Spiel“ über. Die Aufgabe auf einen Punkt gebracht war, Produziere so viele Pizzastücke wie möglich und vermeide Verschwendung. Nach jeder Spielrunde sollte der aktuelle Prozess verbessert werden. Der Workshop-Leiter integrierte interessante und teils auch herausfordernde neue Störfelder, in jeder Spielrunde, die zu neuen Bottlenecks führten. Abgeschlossen wurde jede Runde mit einem Lessons-Learned und einer Transferdiskussion, die spannende Erkenntnisse aufbrachte.
Im Workshop von Andreas Kreß (HOOD GmbH) ging es im WorldCafe um die Übertragbarkeit von SW Techniken auf die HW Entwicklung. Im Hauptfokus stand dabei die Fähigkeit in kurzen Abständen integrierte Systemstände herstellen zu können. Die Diskussionen führten dabei über die Verbesserung herkömmlicher Musterbauprozesse bis hin zu einer reinen Virtualisierung. Oft referenziert wurde dabei der am ersten Tag stattgefundene Vortrag von Dr. Jörgen Furuhjelm (SAAB). Weitere wichtige Stationen in der Diskussion waren die Themen „Testen und Prüfen“ und die Iterationslänge über alle Fach-Disziplinen der Systemerstellung. Als übergreifende Themenschwerpunkte wurden „Virtuelles Denken“, „Entwicklungs-Technologien“, „Fast-Prototyping“ und „Kulturelle Aspekte“ identifiziert. Aus den diskutierten Themen wurde wichtige Schlüsselbegriffe festgehalten und mittels einer Mindmap als Ergebnis festgehalten.
Fazit
Als Fazit der zwei Tage bleibt die Erkenntnis: Agile Hardware Entwicklung funktioniert ja doch! Auch wenn es weiterhin eine Herausforderung bleibt, wie diese konkret in der Unternehmenspraxis umgesetzt werden kann. Genau deswegen ist weiterer Austausch so wichtig- etwa auf der nächsten ASK in 2018 oder im persönlichen Diskurs: Sprechen Sie uns an!
Der Hackathon „Scrum@Hardware“ wurde bereits in einem Blog-Artikel von Jan Ebert beschrieben und wird im Rahmen der REConf 2018 als 2-tägige Veranstaltung wiederholt.
Weitere Infos zur ASK finden Sie auf der Agile Systems Konferenz Webseite.
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Simone Vecerka
Kontaktieren Sie Simone VecerkaSimone Vecerka arbeitet bei HOOD Group als Consultant, Trainer und Coach mit Leidenschaft und viel persönlichem Engagement mit Menschen, Teams und Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Aus ihrer Zeit als Tutorin, Consultant und unzähligen Werkstudenten Tätigkeiten bringt sie unterschiedlichste Erfahrungen aus dem Projektgeschäft und in der Entwicklung komplexer Produkte und Systeme mit. Die Tätigkeitsschwerpunkte von Frau Vecerka liegen in der Unterstützung unserer Kunden beim Einsatz von agilen Methoden im Systems- und Softwareengineering und von Requirements Engineering (RE). Als Berater und Coach begleitet sie die Einführung agiler, iterativer Entwicklungsprozesse. Simone Vecerka ist Certified Scrum Master, Certified Professional for Requirements Engineering (CPRE) des IREBs und Certified Agile Requirements Specialist (CARS).
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