Innovation durch Subtraktion
Falls Sie für Ihr Start-up-Unternehmen noch eine erfolgsversprechende Produktidee benötigen, oder in Ihrem Unternehmen an der Findung von Begeisterungsfaktoren für Ihre Produkte bzw. Dienstleistungen beteiligt sind und wissen möchten, wie Innovation erzeugt werden kann, lesen Sie weiter.
Am Anfang steht eine Idee, die u. U. noch keinen Nutzen erkennen lässt. Zunächst ist es noch unklar, ob diese Idee realisierbar ist, oder ob sie den Ziel-Markt auch wirklich überzeugen wird. Diese Idee muss schließlich zu einer Innovation weiterentwickelt werden, die potentielle Kunden begeistert.
Ich versuche dies einmal in der Sichtweise einer Produkt- oder Dienstleistungsentwicklung für den Markt darzustellen. Im Rahmen einer Produktentwicklung gibt es, basierend auf dem Kano-Modell, die sogenannten Begeisterungsfaktoren, die unerwartet auftreten und den Kunden begeistern sollen. Mit diesen Begeisterungsfaktoren soll die Zufriedenheit des Kunden so stark angehoben werden, dass der Wunsch das Produkt zu erwerben signifikant steigt. Der Preis des Produktes kann durch so eine Begeisterung auch in den Hintergrund treten.
Diese Begeisterung kann aufgrund unterschiedlicher Effekte erzeugt werden. Durch Einmaligkeit im Markt, Attraktivität („cooles“ Produkt), Nutzen, Preis oder Lieferbarkeit. Bei einem innovativen Produkt kommt es im Endeffekt auf die richtige Mischung der genannten Aspekte an, wobei die Schwerpunkte in den Aspekten Einmaligkeit, Attraktivität oder/und Nutzen liegen.
Wie findet man nun solche Begeisterungsfaktoren?
Das Thema Requirements Engineering bietet zur Aktivität „Erhebung von Anforderungen“ viele Techniken wie z. B. unterschiedliche Brainstorming-Techniken, Szenarien oder Methode 635 an. Diese Techniken haben den Nachteil, dass sie in ihrem Innovationspotential begrenzt sind. Auch wenn in einer größeren Gruppe die Ideen der Teilnehmer wertfrei aufgenommen werden, stellt sich nach einer Zeit ein Zustand ein, in dem keine neuen Ideen mehr produziert werden können. Die Beteiligten sind dann zu stark in den erhobenen Inhalten eingesperrt und tun sich schwer, völlig neue Dinge hervorzubringen.
Im Rahmen einer Studie von Prof. Jacob Goldenberg aus den 90er Jahren wurden unterschiedliche Muster identifiziert, die die Grundlage darstellen, um systematisch interessante Ideen für Innovation zu generieren. Eines dieser in der Studie identifizierten Muster ist das „Muster der Subtraktion“.
Wenn Produkte oder Dienstleistungen verbessert werden sollen, tendieren wir dazu, etwas hinzuzufügen. Doch gerade das Entfernen einer wichtigen Komponente des Systems liefert einen völlig neuen Blick auf die Dinge und führt zu radikal neuen Ansätzen. Ein Beispiel hierfür ist Amazon, das sich von Buchläden mit schön eingerichteten Leseecken frei machte und Bücher übers Internet vertreibt. Eine weitere Subtraktion des Produktes Buch betrifft das physikalische Buch an sich. Beim „E-Book“ werden nur noch die Inhalte eines Buches geliefert, ohne Papier und Einband. Andere Beispiele können der Staubsauger ohne Staubbeutel, Home-Trainer (Fahrrad ohne Räder), Tütensuppe (Suppe ohne Wasser), iPod (iPhone ohne Telefonfunktionalität), Toilettenpapier ohne Papprolle, etc. sein.
Im Unterschied zu anderen Erhebungstechniken zeichnet sich dieser Ansatz dadurch aus, dass zunächst kein Problem oder ein Bedarf gesucht wird. Dieser problemunabhängige Ansatz hat den Vorteil, dass die Spannbreite der Möglichkeiten nicht durch die existierende Problemsicht der Befragten eingeschränkt wird.
Natürlich gibt es noch weitere Muster. Prof. Goldenberg beschreibt in seiner Studie unter anderem auch Task Unification, Multiplication, Division und Attribute Dependency. In den letzten Jahren entwickelte Prof. Peter Kruse weitere Aspekte, die maßgebend für die Entwicklung von Innovation sind. Ein Aspekt davon ist die Divergenz, d.h. die Einbindung von Rollen, die völlig unterschiedliche Verhaltensmuster vorweisen, wie beispielsweise der Spinner, der Wissende oder der Netzwerker. Wenn solche unterschiedliche Personen sich austauschen, werden starke Rückkopplungseffekte erzeugt, die über Musterwechsel zu hohem Innovationsgrad führen.
Dazu mehr in der Fortsetzung, freuen Sie sich auf die nächsten Blogs.
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Frank Stöckel
Kontaktieren Sie Frank StöckelHerr Frank Stöckel ist als Principal Consultant im Bereich Requirements Engineering (RE) tätig. Seine Schwerpunkte liegen in der Einführung von Requirements Engineering in Entwicklungsunternehmen mit Hilfe von Assessments, Seminaren, Workshops und Coaching. Fokus hierbei stellen wichtige initiale Pilotprojekte dar, die dann in unternehmensweite Prozessverbesserungsmaßnahmen führen, um RE langfristig in Entwicklungsunternehmen zu etablieren. Herr Stöckel führt Werkzeugauswahlverfahren für RM Tools durch, erarbeitet Konzepte zur Realisierung und Einführung von DV-Lösungen unter Einbindung von Werkzeugen des gesamten Entwicklungsprozesses. Darüber hinaus hat er in den letzten Jahren insbesondere in der Automobilindustrie Produktivstellungen (Roll-Outs) sowie Prozessentwicklungen von Anforderungsmanagement inkl. angrenzenden Prozessdisziplinen wie Projekt- und Testmanagement, Änderungsmanagement, Systemmodellierung, Lieferantendatenaustausch etc. erfolgreich geleitet. Kenntnisse in Modellierungstechniken runden sein Profil ab. Als erfahrener Trainer gibt er sein vielfältiges Wissen weiter, z.B. auch als akkreditierter Trainer für den Kurs „Certified Professional Requirements Engineering - Foundation Level".