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20 February 2014 @ Rupert Wiebel

Management 3.0 – Eine Führungsphilosophie auch für Beratungshäuser wie HOOD?

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Management 3.0 auf der REConf

Zuerst das Buch Management 3.0 von Jurgen Appelo gelesen, dann einen Kurs bei Jürgen Dittmar dazu besucht. Begeistert von den Ideen hab ich mich auf den Weg gemacht, einzelne Elemente auch “zu Hause” bei HOOD umzusetzen. Vorab: wir konnten einiges bereits ändern, es fühlt sich gut an, aber es bleibt noch ein langer Weg!

Bevor ich auf unsere Erfahrungen eingehe, vielleicht nochmal ganz kurz die Basis: 2010 hat Jurgen Appelo das Buch “Management 3.0: Leading Agile Developers, Developing Agile Leaders” veröffentlicht, das die wichtigsten Ideen einer modernen Führungsphilosophie zusammenstellt. Als Grundlage dazu dienen Komplexitätstheorie und systemisches Denken. Jurgen Appelo nimmt sich in seinem Buch der 6 Themenblöcke an: persönliche Motivation, sinnvolle Delegation, Rahmenbedingungen von Selbstorganisation, Entwicklung von Kompetenz und optimaler Kommunikationsstrukturen sowie Organisationsentwicklung bzw. Changemanagement. Mehr dazu finden Sie zum Beispiel auf Management3.0 . Jurgen Appelo hält auch eine Keynote auf der jährlich stattfindenden REConf in München im März 2014. Einige von Jurgen zertifizierte Trainer geben seine Ideen in Management 3.0 Kursen weiter: Bei Jürgen Dittmar, der diese Schulung ins Deutsche übersetzt hat, durfte ich im Sommer 2013 dabei sein und war danach so infiltriert, dass ich erstens beschloss, wenigstens einige Elemente von Management 3.0 bei HOOD zu etablieren und eine Schulung auch auf unserer REConf anzubieten.

Nun zu dem Weg, den wir mit den ersten Schritten begonnen haben zu gehen. Management 3.0 ist entstanden mit dem Blick auf Entwicklungsabteilungen von IT-Unternehmen. Bei diesen vollzieht sich seit Jahren ein gewaltiger Umbruch durch die Einführung von agilen Methoden wie XP, Scrum oder Kanban. Kleine, effiziente, sich selbst organisierende Teams mit kurzen Wegen, hinterlegt mit den agilen Prinzipien des agilen Manifests, sind hierbei der Schlüssel zum Erfolg. Diese Form der Organisation der Entwicklungsabteilungen hat aber dramatische Auswirkungen auf die Management-Struktur dieser Unternehmen. Management 3.0 nimmt sich dieser “Revolution” in den IT-Entwicklungsorganisationen an.

Jetzt sind wir, die HOOD GmbH, keine IT-Entwicklungsorganisation, sondern ein Beratungsunternehmen, deren Consultants verteilt auf viele Kunden unterwegs sind und nur gelegentlich nach Hause zu HOOD kommen um sich mit Kollegen auszutauschen und unsere Dienstleistungen weiter zu entwickeln. Es ist also zunächst gar nicht klar, ob uns die Konzepte, die bei Entwicklunsorganisationen wirken, auch als Beratungsunternehmen weiterbringen. Warum sollten wir uns also auf das Abenteuer einer Organisationsänderung im Sinne von Management 3.0 einlassen?

Da ist zunächst die Nähe unserer Berater, die Scrum Teams coachen, Product Owner ausbilden oder mit unserem Anforderungsmanagement Knowhow die Entwicklungsteams im Umgang mit deren Backlogs unterstützen, zu den agilen Entwicklungsabteilungen. Unsere Mitarbeiter haben die Kultur in ihrem Kundenumfeld kennen und, je nach Transitionsgrad, schätzen gelernt und fühlten sich mehr und mehr unwohl in unseren relativ starren hierarchischen Strukturen. Dass intrinsische Motivation sehr viel intensiver wirkt, als dies über unsere komplexen Bonussysteme je der Fall sein wird ist bekannt. Schwierig ist allerdings, wie jeder weiss, diese intrinsische Motivation zu entfachen. Wir hatten immer schon einen sehr hohen Grad intrinsischer Motivation bei unseren Mitarbeitern und sehen durch Ideen aus Management 3.0 (z.B. moving motivators) effektive Möglichkeiten, diesen noch zu erhöhen. Feedback geben und bekommen ist eine weitere Problematik, die wir bisher bei unserem verteilten Arbeiten an unterschiedlichen Orten nur ungenügend in den Griff bekommen haben. Mit Konzepten aus Management 3.0 sehen wir gute Chancen, unsere Feedback-Kultur erheblich zu verbessern. Ein weiterer Aspekt für den angestrebten Wandel war die Schwierigkeit, die Entscheidungsfindung für alle in der Firma gerecht und transparent zu gestalten. Auch hierfür hat Management 3.0 Antworten. Die Liste ließe sich noch fortführen, hoffe aber dass ich mit dieser Aufzählung schon mal unsere Motivation für die Veränderung aufzeigen konnte.

Unsere Struktur war bisher stark hierarchisch geprägt. Wir haben uns entschlossen, diese Hierarchie aufzubrechen und in Richtung selbst organisierte Teams zu gehen, allerdings noch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten. Das Team um die agilen Vorgehensweisen (Agile-by-HOOD), ist dabei unser Vorreiter. Es entstehen derzeit neue Modelle der Gewinnbeteiligung, um die Problematiken mit dem bisherigen Bonussystem zu umgehen und den Mitarbeitern trotzdem ihren eigenen Erfolg spüren zu lassen. Neue Formen für Feedback innerhalb der Teams entstehen, die hoffentlich unsere “Jahresgespräche” deutlich vereinfachen oder gar obsolet machen werden. Die Entscheidungsprozesse innerhalb der Firma werden durch das Einbeziehen der Teams sehr viel transparenter. Mitarbeiter und Teams können Entscheidungen entscheidend beeinflussen und es ist transparent, wie Entscheidungen fallen und wer sie fällt.Auch das ist ein nicht unerheblicher Faktor für intrinsische Motivation.

Kurz gesagt, wir sind auf einem guten Weg. Es fühlt sich oft ungewohnt an (vor allem für mich), aber es ist ein Ruck in der Mannschaft zu spüren. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir mit Management 3.0 Ideen auch in unserem Beratungshaus deutliche Verbesserungen einbringen können.

Bei Interesse steh ich gerne für Diskussionen und Erfahrungsaustausch bereit und bin immer für weitergehende Ideen offen.

 

 

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Rupert Wiebel

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1991 bin ich dem Thema Requirements Engineering (RE) das erste mal begegnet. Mit den Erfahrungen aus einigen Jahren Softwareentwicklung (ohne RE!) war mir sehr schnell klar, dass RE die Software- und Systementwicklung grundlegend verbessert. Seither hat mich RE nicht mehr losgelassen. Nach dem Aufbau der deutschen Niederlassung für den DOORS-Erfinder QSS (DOORS ist inzwischen über die Telelogic bei der IBM gelandet), hab ich seit 2001 bei HOOD meine berufliche Heimat gefunden: Methodiken und Prozesse des Requirements Engineerings sowie angrenzender Systems Engineering Disziplinen vorwärts treiben, eine Community dazu aufzubauen (http://www.REConf.de) und das HOOD RE-Wissen in die System- und Softwareentwicklungswelt zu tragen (was nicht selten missionarische Fähigkeiten benötigt).