Strukturierung von Wissen in einem Knowledge Graph
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26 Mai 2025 @ Andrea Bärnthaler

Anforderungen visualisieren: Wie Knowledge -Graphen bei Traceability und Analyse unterstützen 

Stell dir vor, du könntest in Sekunden sehen, welche Anforderungen zu welchem Stakeholder gehören, wo Abhängigkeiten lauern und welche Aussagen unklar sind – ganz ohne stundenlanges Durchforsten von Dokumenten. Genau das ermöglichen Knowledge-Graphen. In diesem Beitrag zeigen wir, wie sie die Anforderungsanalyse revolutionieren, Traceability vereinfachen und mit KI-Unterstützung sogar automatisiert erstellt werden können.

In der Anforderungsanalyse ist es essenziell, nicht nur einzelne Anforderungen zu dokumentieren, sondern auch deren Zusammenhänge zu verstehen. Genau hier setzen Knowledge-Graphen an: Sie vernetzen Informationen strukturiert und visuell – basierend auf einer zugrunde liegenden Ontologie, die Begriffe und Beziehungen formal definiert. Das macht sie zu einer besonders wertvollen Unterstützung für Requirements Engineers. 

Was ist ein Knowledge-Graph? 

Ein Knowledge-Graph stellt Wissen strukturiert und grafisch dar. Er zeigt Entitäten (z. B. Stakeholder, Anforderungen, Systeme) und deren Beziehungen zueinander. Im Gegensatz zu klassischen Anforderungsdokumenten, die meist linear und textlastig sind, erlaubt ein Knowledge-Graph die vernetzte Darstellung und Analyse von Informationen – ein entscheidender Vorteil für die Traceability von Anforderungen über den gesamten Entwicklungszyklus hinweg. Im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI) haben Knowledge-Graphen eine besondere Bedeutung erlangt. Sie dienen als Wissensbasis für verschiedene KI-Anwendungen, wie z.B. natürliche Sprachverarbeitung (NLP), Empfehlungssysteme und semantische Suchmaschinen. Knowledge-Graphen ermöglichen KI-Systemen ein tieferes Verständnis von Kontext und Bedeutung, was zu präziseren und relevanteren Ergebnissen führt. 

Beispiel eines Knowledge-Graphen

Struktur durch Ontologien 

Eine Ontologie bildet das Rückgrat eines Knowledge-Graphen. Sie definiert Begriffe und deren Beziehungen und sorgt damit für eine standardisierte und konsistente Modellierung. Für Requirements Engineers bedeutet das: weniger Missverständnisse, bessere Nachverfolgbarkeit (Traceability) und verlässlichere Spezifikationen. 

Die von HOOD entwickelte Ontologie (siehe Abbildung 1) beschreibt eine Anforderung durch die Elemente: 

  • Stakeholder (Wer hat das Bedürfnis?) 
  • Aussage (Unter welchen Umständen ist die Anforderung erfüllt?) 
  • Adressat (Wer soll es umsetzen?) 
  • Entwicklungsgegenstand (Worauf bezieht sich die Anforderung?) 

Diese Struktur erlaubt es, unvollständige oder unklare Anforderungen systematisch zu identifizieren. Wenn du mehr über diese Ontologie erfahren möchtest, schau dir doch diesen Blogbeitrag an (Link Modell einer Anforderung – HOOD Blog). 

Ontologie einer Anforderung

Von der Spezifikation in wenigen Schritten zum Graphen – dank KI 

Beim Erstellen des Knowledge Graphen kann KI optimal unterstützen. Mittels eines Large Language Models (LLM) können wir eine Spezifikation automatisiert in einen Knowledge-Graph transformieren. Grundlage ist die HOOD-Ontologie, umgesetzt mit der Open-Source-Bibliothek Graph Maker (GitHub – rahulnyk/graph_maker) und visualisiert in Neo4j. Für unsere Tests haben wir frei verfügbare, europäische LLMs wie Mixtral-8x7b verwendet. Diesem LLM übergeben wir die Spezifikation eines Serviceroboters.  

Technische Umsetzung: 

  1. Definition der Ontologie direkt im Python Code: hier werden die Objekte und die Relationen textuell spezifiziert.

labels=[  {"Stakeholder": "A stakeholder refers to a person who has a requirement for the addressee. Without stakeholders, there is no requirement. Stakeholder name without any adjectives, remember a stakeholder may be referenced by his/her name or using a pronoun"}, ...... 

  1. Einlesen der Spezifikation mit Anforderungstexten: wir haben hierfür eine Spezifikation eines Serviceroboters verwendet. 
  1. Automatisierte Verarbeitung und Erstellung des Graphen durch ein LLM: wir haben Mixtral-8x7b verwendet. Das LLM erstellt aus den textuellen Anforderungen anhand der im Code definierten Ontologie selbständig einen Knowledge Graphen. 
  1. Export nach Neo4j zur Visualisierung des Knowledge Graphen: in Neo4J kann der Graph visualisiert und mittels der Abfragesprache “Cypher” analysiert werden. 

Visualisierung in Neo4j 

Die Speicherung und Darstellung in Neo4j ermöglicht es, komplexe Zusammenhänge auf Knopfdruck sichtbar zu machen. So kann man z. B. alle Anforderungen eines bestimmten Stakeholders anzeigen oder analysieren, welche Systeme, Module oder Komponenten mit welcher Aussage verknüpft sind. 

Hier die Darstellung aller von Mixtral erstellter Relationen in Neo4j. 

Ausschnitt aller Relationen der Spezifikation des Serviceroboters

Abbildung 2 zeigt beispielhaft alle Anforderungen, die sich auf den Stakeholder „Customer“ beziehen.  

Relationen des Stakeholders „Customer“

Ein Nutzen dieser Visualisierung ist zum Beispiel die Möglichkeit, die Relationen eines einzelnen Stakeholders darzustellen (siehe Abbildung 1). Dies ermöglicht eine gezielte Priorisierung der Anforderungen, da die wichtigsten Anforderungen für einen bestimmten Stakeholder identifiziert werden können oder auch alle Anforderungen des wichtigsten Stakeholders höher priorisiert werden können. Darüber hinaus hilft die Analyse der Stakeholder-Relationen, Abhängigkeiten zwischen Anforderungen zu erkennen, die Kommunikation zwischen Projektbeteiligten zu verbessern und potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren. 

Der Knowledge Graph als Basis für die Weiterverarbeitung mit KI 

Ki-Systeme können Knowledge Graphen als Wissensquelle nutzen und die darin enthaltenen Daten weiterverarbeiten. Dadurch erweitert die KI ihr Weltwissen mit spezifischen Inhalten. So können zum Beispiel leistungsstarke Chatbots implementiert werden, die das Wissen des Knowledge Graphen befragbar machen (Stichwort GraphRAG). Auch für Reasoning (Schlussfolgern) ist ein Knowledge Graph wertvoll. Die KI kann dadurch neue Erkenntnisse ableiten. Durch die Kombination KI und Knowledge Graph eröffnen sich viele weitere Möglichkeiten, leistungsstarke Anwendungen zu implementieren. 

Warum das relevant ist – besonders für Requirements Engineers 

Die hier gezeigte Methode liefert einen echten Mehrwert in der täglichen Praxis: 

  • Traceability von Anfang an: Jede Anforderung ist mit Stakeholdern, Adressaten und Objekten verbunden. Dadurch erreicht man eine feingranulare auswertbare Traceability. 
  • Schnellere Reviews: Unvollständige oder vage Anforderungen werden automatisiert erkannt, wenn KI-Systeme den Knowledge Graphen als Wissensquelle verwenden. 
  • Bessere Kommunikation: Klar definierte Relationen fördern das gemeinsame Verständnis im Team. 
  • Skalierbarkeit: Auch große Spezifikationen lassen sich effizient modellieren und (Ki gestützt) analysieren. 
  •  KI-gestützte Analyse: Komplexe Zusammenhänge, Abhängigkeiten und Auswirkungen von Änderungen lassen sich automatisiert erkennen, bewerten und in natürlicher Sprache aufbereiten. 

KI trifft Ontologie – ein Paradigmenwechsel in der Anforderungsanalyse 

Die Kombination aus Ontologie, LLM und graphenbasierten Tools wie Neo4j eröffnet neue Möglichkeiten für die automatisierte Anforderungsanalyse. Anforderungen werden damit nicht nur dokumentiert, sondern kontextualisiert, visualisiert und analysierbar gemacht. 

Wer Traceability ernst nimmt und seine Projekte zukunftsfähig aufstellen möchte, sollte diesen Ansatz prüfen und in seine Methodik integrieren. Wir vom HOOD KI-Team helfen sehr gerne dabei. 

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Andrea Bärnthaler

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Andrea Bärnthaler arbeitet als Senior Consultant bei der HOOD GmbH. Mit Neugier, Leidenschaft und Engagement unterstützt sie unsere Kunden beim Einsatz agiler Methoden und Techniken der künstlichen Intelligenz in der Verbindung von RE und Risikomanagement sowie bei der Einführung von RE-Werkzeugen. Frau Bärnthaler hat Erfahrung mit Natural Language Processsing, Knowledge Graphs, LLMs sowie Python. Durch ihre Tätigkeiten im regulierten Umfeld (Medizintechnik) hat sie Kenntnisse der dort gültigen Standards und Normen sowie weiterer Qualitätsstandards und CMMI. Sie ist Certified Scrum Master, Certified Professional for Requirements Engineering gemäß IREB sowie OMG Certified UML Professional

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