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3 Dezember 2024 @ Lukas Wiebel

Was sind Systemkonzepte?

Dieser Eintrag ist Teil 2 von 3 in der Serie Was ist Systems Engineering?

Systemkonzepte im Systems Engineering bilden das Rückgrat moderner Ingenieurstätigkeiten. In einer Welt, die zunehmend von vernetzten und dynamischen Systemen geprägt ist, bieten diese Konzepte die Grundlage, um technologische Innovationen voranzutreiben und langfristig stabile Lösungen zu entwickeln.

Unter Systemkonzepten werden die grundlegenden Prinzipien und Strukturen verstanden, die zur Gestaltung, Analyse und Verwaltung von Systemen verwendet werden. Sie beinhalten das System of Interest, die Systemhierarchie mit ihren einzelnen Bestandteilen und Architekturebenen, sowie Systemzustände und -modi, die die unterschiedlichen Betriebszustände und Funktionen eines Systems beschreiben. Zudem berücksichtigen Systemkonzepte die Komplexität, um zwischen einfachen, komplizierten und komplexen Systemen zu unterscheiden und entsprechende Ansätze zu wählen.

System of Interest (SOI)

Das betrachtete System wird auch als „System of Interest (SoI)“ bezeichnet. Die Systemumgebung, auch als Kontext bezeichnet, umfasst alle externen Elemente, die mit dem System interagieren. Dies kann Benutzer, externe Systeme und alle anderen Faktoren umfassen, die das System im Laufe des Lebenszyklus beeinflussen oder durch das System beeinflusst werden. Die Systemgrenze ist die Trennlinie, die das SoI von seiner Umgebung trennt. Sie definiert, was innerhalb des Systems und was außerhalb liegt. Das Verständnis der Umgebung ist entscheidend, da sie beeinflusst, wie das System funktioniert und sich weiterentwickelt. Diese Beeinflussung ist wesentlich für die Definition von Systemanforderungen.

Systeme, die sich außerhalb der Systemgrenze befinden werden als externe Systeme bezeichnet.

Systemhierarchie

Ein System besteht aus einer Anordnung von Systemelementen. Ein Systemelement ist ein Teil eines Systems, das implementiert wird, um spezifische Anforderungen zu erfüllen. Dabei gibt es atomare Elemente, die nicht weiter zerlegbar sind und als eigenständige Einheiten betrachtet werden können. Die komplexen Elemente können selbst Systeme sein, die in weitere untergeordnete Systemelemente zerlegt werden. Aus diesen Elementen ergibt sich die Produktstruktur.

Systemzustände und -modi

Systemzustände und Systemmodi sind zwei verwandte Konzepte, die zur Definition und Modellierung von Systemarchitekturen und zur Verwaltung von Systemverhalten verwendet werden.

Ein Systemzustand ist eine beobachtbare und messbare Eigenschaft, die die aktuelle Konfiguration, den Status oder die leistungsbasierte Bedingung eines Systems charakterisiert. Der aktuelle Zustand eines Systems und eine Abfolge nachfolgender Eingaben ermöglichen die Berechnung zukünftiger Zustände des Systems. Zustände können den Betriebszustand oder Status von Strukturelementen des Systems direkt widerspiegeln und physische Bedingungen von Systemelementen darstellen. Als Beispiel für einen Systemzustand kann der Ladestatus einer Batterie genannt werden.

Ein Systemmodus ist eine spezifische Betriebskapazität des Systems, während der einige oder alle Funktionen des Systems in vollem oder begrenztem Umfang ausgeführt werden können. Der Wechsel von einem Modus zu einem anderen erfolgt aufgrund von Entscheidungen des Systems, seiner Benutzer oder externer Akteure, um sich an neue Bedürfnisse oder Kontexte anzupassen. Diese Entscheidungen basieren typischerweise auf den beobachteten Werten der Zustandsvariablen.

Durch das Verständnis und die Anwendung von Zuständen und Modi können Systemingenieure die Funktionalität und das Verhalten von Systemen effektiver modellieren und verwalten.

Systemkomplexität

Systemingenieure begegnen Systemen mit unterschiedlichen Komplexitätsgraden: einfachen, komplizierten und komplexen Systemen.

1. Einfache Systeme:

Ein einfaches System hat Elemente, deren Zustandsbeziehungen, sobald sie beobachtet werden, leicht verständlich sind.

2. Komplizierte Systeme:

Ein kompliziertes System hat Elemente, deren Zustandsbeziehungen entwirrt und verstanden werden können. Dies führt zu ausreichender Sicherheit bezüglich Ursache und Wirkung. Für komplizierte Systeme wird oft ein reduktionistischer Ansatz verwendet, bei dem das Problem in Teile zerlegt, gelöst und wieder zusammengesetzt wird. Dieser Ansatz funktioniert gut bei festen oder vorhersagbaren Verhaltensmustern.

3. Komplexe Systeme:

Ein komplexes System hat Elemente, deren Zustandsbeziehungen so verflochten sind, dass sie nicht vollständig verstanden werden können. Dies führt zu einer unzureichenden Sicherheit hinsichtlich Ursache und Wirkung (INCOSE Complexity Primer, 2021). Komplexe Systeme können nützliche Lösungen bieten, aber auch herausfordernde Eigenschaften enthalten.

Während traditionelle Ansätze der Systemtechnik gut für einfache und komplizierte Systeme geeignet sind, stoßen sie bei komplexen Systemen oft an ihre Grenzen. Umgekehrt können Techniken, die für komplexe Systeme entwickelt wurden, auch in komplizierten Systemkontexten nützlich sein. Daher ist es wichtig, die Ansätze und Techniken der Systemtechnik (SE) an die Komplexität des betrachteten Systems anzupassen.

Herausforderungen, Werkzeuge und Methoden

Traditionelle SE-Ansätze sind für komplizierte Systeme geeignet, da sie ein lineares, prozedurales Vorgehen beinhalten. Sie funktionieren oft nicht gut in komplexen Umgebungen. SE für komplexe Systeme erfordert einen fundamental anderen Ansatz, um das unerwartete Zusammenspiel der Bestandteile des Systems durch iterative Erkundung und Anpassung zu verstehen.

Durch das richtige Verständnis und die Anwendung der geeigneten Ansätze können Systemingenieure die Herausforderungen komplexer Systeme meistern und ihre Potenziale optimal nutzen. Um diese geeigneten Ansätze zu finden und zu implementieren, ist die HOOD Group mit langjähriger Erfahrung im Systems Engineering der richtige Partner an deiner Seite.

Fazit

Das Verständnis von Systemkonzepten ist entscheidend, um komplexe technische und organisatorische Herausforderungen zu bewältigen. Durch die Auseinandersetzung mit den Grenzen, Elementen, Zuständen, Modi und der Komplexität eines Systems können Systemingenieure fundierte Entscheidungen treffen, die die Effektivität und Effizienz eines Systems über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg sicherstellen. So werden die oft unerwarteten Dynamiken in komplexen Systemen gemeistert. Diese Konzepte bilden die Grundlage für erfolgreiche Systementwicklung und -steuerung, insbesondere in einer zunehmend vernetzten und dynamischen Welt.

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Lukas Wiebel

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Lukas ist Berater für RE und SE. Er kombiniert technisches Know-how mit praxisorientierter Beratung, um bei der Optimierung von Entwicklungsprozessen und der Anforderungsdokumentation zu unterstützen.

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