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18 June 2019 @ Frank Stöckel

Vernissage zur agilen Transformation: Der Eisberg

This entry is part 1 of 7 in the series Vernissage zur agilen Transformation

Ein Bambus mobilisiert seine Kräfte immer wieder gezielt. Er schafft es, das ganze Jahr über kraftvolle, grüne Blätter zu entwickeln. Zusammen mit unserem Partner MID nehmen wir uns den Bambus zum Vorbild und unserer Publikum mit auf den Weg zur Agilen Transformation in Unternehmen. Anhand von unseren Vernissage-Kunstwerken diskutieren wir Werte, Mindset, Visionen, Führung und Coaching, die eine Transformation ermöglichen.
Im zweiten Teil unserer Blogreihe “Der Eisberg” erklart unser Kollege Frank, was ein Eisberg mit einem Unternehmen zu tun hat und was die preußischen Tugenden und agilen Werte für Wege finden.

Frank-Stöckel und der-Eisberg auf der Vernissage zur agilen Transformation in München.

Zum Einstieg in mein Kunstobjekt stelle ich zwei Fragen an das Vernissage-Publikum:
Die Frage Nr. 1 lautet: Wie groß ist der über der Meeresoberfläche herausragende Teil eines im Meer schwimmenden Eisbergs auf dem Bild? Wie wir sehen, ist er um einiges kleiner als der darunter liegende Teil.
Frage Nr. 2 lautet: Was hat das mit der Agilen Transformation in einem Unternehmen zu tun? Wilde Kombi? Nun, wer von Ihnen das wissen möchte, den lade ich zum Weiterlesen ein.

Wie schön dass Sie sich interessieren! Ihre Neugierde wird natürlich belohnt:
Die Antwort auf Frage Nr. 1 lautet: 1/7 des Eisbergs liegt über der Wasseroberfläche. Für die Antwort auf Frage Nr. 2 muss ich allerdings etwas ausholen. Gespannt? Na dann los.

Die erste Wahrnehmung

Was ein Eisberg mit der Agilen Transformation in einem Unternehmen zu tun hat, ist zu Anfang die Wahrnehmung des Offensichtlichen. Wir sehen lediglich die Spitze des Eisberges, wenn wir beispielsweise mit einem Schiff über der Wasseroberfläche es Meeres fahren.
Bei einer beginnenden agilen Transformation in einem Unternehmen sehen wir sehr viele offensichtliche Dinge wie Prozesse, Vorgehensmodelle, Methoden oder Tools. Beispiele wären Scrum, Kanban, phasenorientierte Prozesse (Wasserfall-Prozess), IT-Tools, Planning Poker, Anforderungen, die in Form von vordefinierten Textbausteinen formuliert wurden, oder an der Wand hängende beschriebene User-Story-Karten. Das alles liegt für uns sichtbar an der Oberfläche.

Die verborgenen Kräfte

Der Teil des Eisbergs, der sich unter der Wasseroberfläche befindet, ist zwar erst einmal nicht offensichtlich, aber mit seinen 6/7 der viel größere und gewichtigere Teil. Er bestimmt beispielsweise die Wanderung des Eisbergs, wenn er sich nach der Strömung ausrichtet.
Vergleichen wir den Eisberg mit dem Prozess der Agilen Transformation, so bildet der untere Teil des Eisbergs das Verhalten der Menschen ab. Ihre Reaktionen und Handlungen sind aufgrund von Ereignissen, Werten und Erfahrungen geprägt. Zusammengefasst können wir sagen “Was sie wie tun“, das ist der sichtbare siebte Teil eines Eisbergs. Warum sie etwas tun, hat aber mit dem unsichtbaren Teil des Eisberges unter der Wasseroberfläche zu tun.

Die preußischen Tugenden

Die Hierarchischen Strukturen unserer Unternehmen haben sich nicht zufällig herausgebildet. Menschen glauben, durch Aufteilung des Ganzen in kleinere Einzelteile, die Komplexität beherrschen zu können. Das stammt ursprünglich von den „Preußischen Tugenden“ und den Tayloristischen-Prinzipien von Herrn Taylor. Daher werden Unternehmen Top-Down strukturiert. CEO, Bereiche, Abteilungen, Teams, Mitarbeiter. System werden in Teilsystem, Komponenten, Modulen aufgeteilt, weil man der Überzeugung ist, dadurch die Komplexität so in den Griff zu bekommen. Das ist eine Haltung bzw. Werte, die uns Menschen viele Jahre geprägt haben.

Wie können wir Komplexität reduzieren?

Inzwischen sind dir zur Überzeugung gelangt, dass Komplexität durch andere Prinzipien bzw. Werte besser zu beherrschen ist.
Um welche Werte könnte es sich handeln? Nun, es sind Werte wie beispielsweise Respekt, Mut, Offenheit, Fokus und Kommittent, oder auch unsere bekannten agilen Werte aus dem Agilen Manifest. Stellvertretend für alle Werte im agilen Bereich habe ich mich für das Wort „TRUST“ entschieden.

Ich habe während meiner Zeit, in der ich Trainings und Initiativen in Unternehmen betreut habe, festgestellt, dass Unternehmen meistens neue Prozesse oder Methoden einführen, ohne die aktuellen Werte und Prinzipien zu berücksichtigen.

Durch fehlenden Abgleich im Keim erstickt

D. h. es findet kein Abgleich statt, inwieweit die aktuellen Werte zu den neuen Prozessen oder Methoden passen. Hier sehe ich nun ein großes Risiko, dass die Veränderungsinitiative im Keim ersticken kann. Schließlich sind nicht nur die alten Werte und Praktiken weiterhin in den Köpfen der Beteiligten, auch die Organisationsstruktur mit ihren Rollenmodellen wurde nicht nach den neuen notwendigen Werten angepasst.

Für agile Vorgehensweisen müssen wir uns auf neue Werte fokussieren. Es ist deshalb zielführend, zunächst die aktuellen Werte bzw. Haltung der Mitarbeiter zu erkennen, um basierend darauf, die nächsten Schritte gemeinsam zu vereinbaren.
Wenn wir nun zu unserem Eisberg Beispiel zurückkommen, so entspräche die gerade genannte Vorgehensweise mit einem Tauchgang ins Meer an den unteren Teil des Eisberges verglichen.

Eine Haltung ändern?

Welche Haltung benötigen wir bei den Menschen, um bestimmte neue Vorgehensweisen, einbringen zu können? Hier tut sich die zweite Fragestellung auf, die noch viel herausfordernder ist: Wenn die Haltung noch nicht existiert, wie ändere ich die Haltung bzw. wie bringe ich Menschen dazu, offen für neue Werte und Prinzipien zu sein?

Vielleicht geht es nicht darum, neue Werte und Haltung zu entwickeln, damit wir damit bestimmte Vorgehensweisen leben können. Vielleicht geht es viel mehr darum, eine Haltung zu entwickeln die uns für die jetzt anstehenden Änderungen bereit sein lässt, die offen für dinge sein lässt, die wir heute noch gar nicht kennen.
Das könnte auch Teil der „Agilen Transformation“ sein.

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Frank Stöckel

Kontaktieren Sie Frank Stöckel

Herr Frank Stöckel ist als Principal Consultant im Bereich Requirements Engineering (RE) tätig. Seine Schwerpunkte liegen in der Einführung von Requirements Engineering in Entwicklungsunternehmen mit Hilfe von Assessments, Seminaren, Workshops und Coaching. Fokus hierbei stellen wichtige initiale Pilotprojekte dar, die dann in unternehmensweite Prozessverbesserungsmaßnahmen führen, um RE langfristig in Entwicklungsunternehmen zu etablieren. Herr Stöckel führt Werkzeugauswahlverfahren für RM Tools durch, erarbeitet Konzepte zur Realisierung und Einführung von DV-Lösungen unter Einbindung von Werkzeugen des gesamten Entwicklungsprozesses. Darüber hinaus hat er in den letzten Jahren insbesondere in der Automobilindustrie Produktivstellungen (Roll-Outs) sowie Prozessentwicklungen von Anforderungsmanagement inkl. angrenzenden Prozessdisziplinen wie Projekt- und Testmanagement, Änderungsmanagement, Systemmodellierung, Lieferantendatenaustausch etc. erfolgreich geleitet. Kenntnisse in Modellierungstechniken runden sein Profil ab. Als erfahrener Trainer gibt er sein vielfältiges Wissen weiter, z.B. auch als akkreditierter Trainer für den Kurs „Certified Professional Requirements Engineering - Foundation Level".