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27 March 2019 @ Andreas Kreß

Was ist “digitagil”?

Commodore SR36


“Digitagil” setzt sich aus zwei Wörtern zusammen. Beginnen wir mit dem ersten:

Man könnte die Marktflutung mit Taschenrechnern und Digitaluhren in den 1970er Jahren als Beginn der Digitalisierung begreifen. Die aus dem Schutt und der Asche der Weltkriege zu “Pflugscharen” umgemünzten digitaltechnischen Halbleitertechnologien begannen ihren zivilen Siegeszug.
Mit ihnen entwickelte sich auch die Softwaretechnik. Auch die Softwarelösungen wurden immer anspruchsvoller.

Die militaristisch geprägte Kultur

Leider waren aber auch Organisation- und Vorgehensmodelle eng mit militärisch geprägter Befehlskultur gekoppelt, bzw. sind es zumindest teilweise noch heute.
Natürlich machen bei Unfällen, Feuern und Katastropheneinsätzen, wie eben im Krieg, strenge und geregelte Vorgehensweisen Sinn. Sie helfen bei der Bewältigung und Eindämmung der Auswirkungen.
Dass man aber bei Unternehmensaufbau, Firmenführung und der Organisation von Projekten auf diese Muster setzte, ist wohl eher einer unreflektierten Kulturprägung zuzuschreiben. Die damit erkaufte Effektivität rechtfertigt den Verlust an menschlichen Werten nicht.

Ethische digitale Menschen

Glücklicherweise schwingt mit der zivilen Nutzung der Digitaltechnik auch immer mehr eine humane und zivile Gestaltung der Zusammenarbeit mit. Das agile Manifest ist sozusagen einer der vielen Meilensteine auf diesem Weg.
Der moderne nativ “digitale” Mensch hat wohl auch immer mehr den Anspruch, das die von ihm genutzten Lösungen von zivil zusammenarbeitenden Menschen geschaffen werden. Die ethische Seite einer Produkterstellung spielt doch eine Rolle und lässt im Extremfall selbst das preisgünstigste Produkt im Regal stehen.

Agile Steuerung und Hinrichtungs-Exempel

Was für Fleisch-, Milch und Obstwaren gilt, können wir auch für Software in Betracht ziehen. Natürlich müssen wir das subtiler betrachten.
Man findet bei Software Entwicklern eher gut bezahlte Ingenieure und akademisch ausgebildetes Personal, denn entrechtete Lohnsklaven, die für einen Hungerlohn pflücken oder schlachten.

Trotzdem sind manchmal Code-Experten in “militärisch” strukturierten Organisationen die unterste ausführende Schicht, bzw. werden als Fremdkräfte oder Dienstleister mit schlechter Lobby, von einer unteren Management-Schicht “gesteuert”.
Selbst die Steuerung wird auch gerne als Dienstleistung, manchmal als “agile”, ausgelagert. Leider kann das hin und wieder ein Nährboden für Mobbing und Hinrichtungsexempel für in Ungnade gefallene Mitarbeiter sein. Diese exklusiv denkende Management-Schule tut sich aber immer schwerer, da Inklusion und aktives Einbeziehen aller Stakeholder heute das Gebot der Stunde ist.

Das Werk während der Entstehung begutachten

Tatsächlich ernten Unternehmen, die man im William E.Schneider Unternehmens-Kultur-Modell wohl als Kontroll-Kultur, mit angehängter Kompetenz-Unterkultur, begreifen kann, bei der Anwendung “agiler” Scrum Techniken die niedrig hängenden Früchte.
Sie müssen sich selbst “zwingen” frühe System-Stände zu verlangen. Die Schmerzgrenze ist aber schnell erreicht. Beispielsweise dann, wenn man ultra-beschäftigte Manager im Unternehmen damit zu “nerven” beginnt, sie sollten das “Werk” schon mal während der Entstehung begutachten.
Old School-Manager lassen sich nur bei Grundsteinlegung und Eröffnung feiern. Das laufende Geschäft lässt anderes nicht zu.

Leider muss man auch sagen, dass diese Unternehmen gut daran tun, nicht von heute auf morgen die Kulturrevolution auszurufen. Im Buch von William E. Schneider lassen sich einige Schauergeschichten dazu nachlesen.

Der Servant Leader und das Mitarbeiterwohl

Trotzdem kann man den Weg wagen, oder sich gut informieren bevor man sich bindet. Denn mit wem und wo man arbeitet, ist für viele auch der Schlüssel zu Wohlbefinden und Gesundheit. Die “Servant Leader” sind aber nur spärlich gestreut. Unternehmen die das Mitarbeiterwohl als höchstes Ziel nicht nur definieren, sondern durch das gesamte Kollegiat leben, gibt es auch nicht so viele.

Der digitagile Mensch wird folgende Messlatte anwenden und kritisch hinterfragen. Für die Unternehmens-Umgestaltung kann es als Leitlinie stehen:

Für “digitagile” Code Crafter ist natürlich der schnellste Check, ob man bei der richtigen Firma ist, immer die Frage, wann der Chef den letzten Commit gemacht hat 😉

Andreas Kreß

Kontaktieren Sie Andreas Kreß

The Software Engineer Andreas Kreß has served in roles like start-up product owner and requirements team manager at critical customer projects in the tech industries. He is the inventor of a widely used SCADA tool and helped set up methods and engineering tool environments from Y2K IT projects over large federal fiscal software standardization programs to automotive autonomous driving components development. He is a connoisseur of many intimate secrets of the art of developing systems. His focus is on the more far-reaching methods and tools in regulated and security-oriented systems engineering.