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26 June 2018 @ Julia Graßinger

Agilität – eine Frage der Haltung

Wenn ich gefragt werde, was Agilität für mich ausmacht, dann fallen mir nicht die Tools und die Praktiken ein. Agilität ist eine Haltung, die viele verschiedene Aspekte hat.  Für mich sind gerade zwei  Prinzipien relevant, die die indische Forscherin Saras Sarasvathi beschrieben hat. In ihrer Theorie des Effectuation geht es darum, das Naheliegende zu tun und radikale Selbstverantwortung zu üben – in Bezug auf meinen Anteil am Produkt, als auch in Bezug auf die Kommunikation und Zusammenarbeit mit anderen.

Viele Menschen nehmen diese Haltung von sich aus ein – andere werden sich schwertun. In ihrer Organisation werden beide Spektren vertreten sein. Es gilt, die richtige Haltung zu erkennen, zu fördern und gegebenenfalls Haltung ganz neu zu lernen. Das Schöne ist, es gibt einen Weg das zu tun. Und diesen Weg zeigt uns Saras Sarasvathi. Die indische Proffessorin hat erforscht, warum Menschen erfolgreich sind. Ihre Zielgruppe waren Entrepreneure. Sie hat sich Handlungsmuster und Entscheidungsmaximen angesehen und daraus Prinzipien abgeleitet. Entrepreneure – also Startup-Gründer- sind deswegen relevant für uns, weil diese am unmittelbarsten mit verändernden Märkten, als auch mit neusten Technologien arbeiten. Also auch für uns eine gute Quelle, um sich was abzuschauen.

 

Affordable Loss statt Return on Invest

Ein Entrepreneur evaluiert seine Ressourcen und frägt sich dann, welche dieser Ressourcen er/ sie investieren kann, ohne sich selbst existentiell zu bedrohen. Nicht der ROI entscheidet, was zu tun ist, sondern der affordable loss. Nicht „was kann ich gewinnen?“, sondern „was darf ich verlieren?“ treibt meine Handlungen. Das diszipliniert, das Naheliegende zu tun und den ersten kleinen Schritt zu machen (die 15% Lösung), statt jahrelang auf den einen Investor, die eine gute Idee zu hoffen, die dann nie kommt. Im Scrum ist das mein stehendes Produktteam, und mein Sprint. Ich weiß, wieviel ich investieren muss, was mein Einsatz ist. Ebenfalls wie beim Startup kann ich in der Produktentwicklung im Komplexen nicht wissen, was mein Ergebnis sein wird. Ist das Ergebnis nicht das, was ich brauche, sollte ich umsteuern – pivot genannt. Ich weiß jetzt, dass meine Ressourcen (mein Scrum Team) mit neuen Zielen vermutlich besser investiert sind. Iteration für Iteration kann ich jetzt sehen, ob zu den eingebrachten Ressourcen neue Ressourcen oder Stakeholder dazugekommen sind. Ich kann so neue Ziele definieren und gegebenenfalls skalieren. So können sich auch Hindernisse oder Zufälle später als nützliche Ressourcen erweisen. Das beste Beispiel ist dafür die Zitrone – wenn man direkt reinbeißt ist die Schale bitter und das Innere sauer. Wenn ich das Ganze aber mit den richtigen Zutaten mische, dann bekomme ich Limonade. Und was kann an einem so schönen Sommertag erfrischender sein?

 

Radikale Selbstverantwortung

Doch der zentralste Punkt ist der der radikalen Selbstverantwortung. Stellvertretend dafür steht das Bild des Piloten. Steuert dieser auf einen Berg zu, so hat er zwei Möglichkeiten – zum einen, er schreit den Berg oder seinen Co-Piloten an, der Berg möge doch aus dem Weg gehen. Oder er berechnet, wie lange es denn dauert, bis der Berg von alleine errodiert? Alles nicht das, was ein Pilot machen würde, oder? Er fokussiert sich auf das, was er ändern kann.  Nur das, was man selbst verantwortet, kann man auch verändern. Mit dieser Haltung wird es einfacher, Ownership für die erzeugte Qualität zu übernehmen. Echte Craftsmanship ist dann gefragt. Doch was ist, wenn ich der Einzige in meiner Firma, in meinem Unternehmen bin, der diese Haltung verinnerlicht? Wir glauben, dass Haltung nur dann gelernt werden kann, wenn sie auch vorgelebt wird. Wenn der Einzelne sich selbst nicht mehr so wichtig nimmt, und sich in den Dienst des Ganzen stellt, können andere von ihm lernen. Ein zweiter Schritt ist die Dringlichkeit. Wenn durch Transparenz jedem klar ist, was gerade passiert, wenn die Dringlichkeit von Veränderung erlebt und gespürt werden kann, dann können alle zusammenhelfen und das Ruder herum reißen.

Es gibt noch viele weitere Schritte, die zur agilen Transformation von Unternehmen beitragen können. Lesen Sie dazu unsere Landscape der Agilen Transformation.

Die Haltung der Agilen Welt erfordert viel Disziplin. Es ist mit Sicherheit nicht der leichte Weg, aber der, der Erfolg zumindest wahrscheinlicher werden lässt, in einer Welt, in der nichts sicher ist. Da ist es gut, jemanden an der Hand zu haben, der eine Außenperspektive liefern kann – und der Erfahrung mit dem Vorleben der Agilen Haltung hat. Gerne unterstützen wir Sie dabei.

Julia Graßinger

Kontaktieren Sie Julia Graßinger

Julia Graßinger begleitet mit Neugierde und Mut als Coach bei Agile-by-HOOD Menschen, Teams und Organisationen auf ihrem Weg zu mehr Agilität. Durch ihre systemisch-empirische Haltung erschafft sie Räume, in denen Menschen Selbstwirksamkeit erleben und sich im komplexen Umfeld zurechtfinden lernen. Wichtige Elemente in ihrer Arbeit sind Kreativität, Begegnung und Fokus. Aus ihrer Zeit als Gründerin und freiberufliche Trainerin im Startup Umfeld kennt sie aus persönlicher Erfahrung die Herausforderung sich schnell ändernder Märkte. Als Host für Ideenentwicklung und Facilitatorin für Teamprozesse und Erfahrungsbasiertes Lernen bringt sie langjährige und vielseitige Erfahrungen aus dem Projektgeschäft und in der Entwicklung komplexer Produkte und Systeme mit. Durch ihre Arbeit mit Design Thinking und Lean Sartup Methoden gilt ihre Aufmerksamkeit dem Erheben und Strukturieren von Anforderungen sowie dem empathischen Umgang mit Stakeholdern.