Vier gewinnt – Die Teamgröße macht‘s
Vielfach wurde bereits über die Gründe geschrieben, dass kleinere Teams produktiver seien. Aber warum ist das so? Gefühlt würde ich sagen: „Na klar, je mehr Beteiligte, desto mehr Informationen und Meinungen sind zu verarbeiten.“ Und genau hierauf möchte ich in diesem Blogbeitrag eingehen: Die Entdeckungen der Gehirnforschung gepaart mit unseren eigenen Erfahrungen aus der Praxis und was wir aus der Korrelation lernen können.
Beobachtungen
Unsere Erfahrung in Workshops, Trainings und Team-Coachings zeigt immer wieder, dass ein Team von maximal 4 Leuten schneller ist, als ein Team mit 5 Teilnehmern. Mein Kollege Uwe hat in seinem Beitrag „Warum sind agile Teams produktiver?“ darüber geschrieben, dass hauptsächlich zwei Effekte für den Rückgang der Produktivität in großen Teams verantwortlich sind: Motivationsverlust und Koordinationsprobleme. Die Koordinationsprobleme sind auf den exponentiellen Zusammenhang zwischen der Anzahl an Teilnehmern und der Anzahl an Kommunikationsverbindungen zurückzuführen: Anzahl Verbindungen = n(n-1)/2, wobei n die Anzahl der Teilnehmer ist. Bei 4 Teilnehmern sind es 6 Verbindungen, bei 8 Teilnehmern sind es schon 28 und bei 12 Teilnehmern sind es 66 Verbindungen, die es zu organisieren gilt.
Kommunikationskanäle und Informationen
Diese Verbindungen sind Kommunikationskanäle zwischen den Teilnehmern, über die die Informationen des Einzelnen an jeden anderen übertragen werden. Sobald jemand etwas sagt, werden diese Kanäle aktiviert und die Informationen werden von jedem Einzelnen verarbeitet und in einen Zusammenhang seiner eigenen Erfahrungen und seines eigenen Wissens gesetzt. In einem Team von 4 Mitgliedern muss jeder Einzelne 3 Kommunikationskanäle organisieren und die Informationen dieser drei Kanäle verarbeiten. Bei einer Teamgröße von 12, muss jeder Einzelne 11 Kommunikationskanäle organisieren.
Gedächtnisforschung und Kurzzeitgedächtnis
Die Natur des Gehirns, im speziellen das Kurzzeitgedächtnis, ist nicht darauf ausgelegt, viele Informationen gleichzeitig zu verarbeiten und abzuspeichern. Miller hat 1956 die Hypothese aufgestellt, dass der Mensch 7+-2 Informationseinheiten in seinem Kurzzeitgedächtnis aufnehmen kann. Verschiedene Studien belegen dieses oder gehen sogar noch einen Schritt weiter, dass das Kurzzeitgedächtnis lediglich in der Lage ist, zwischen 3-5 Informationseinheiten zu verarbeiten bzw. zu speichern. Dieses wurde unter anderem in der Studie von Nelson Cowans aus dem Jahr 2001 (The Magical Number 4 in Short-Term Memory: A Reconsideration of Mental Storage Capacity) beschrieben.
Anwendung dieser Zusammenhänge auf Teams
Die Schlussfolgerung liegt nahe: Wenn der Mensch zwischen 3-5 Informationseinheiten in seinem Kurzzeitgedächtnis speichern kann, jedoch 12 Teilnehmer in seinem Team sind, dann kann er zwischen 6-8 Kommunikationskanäle und dessen Informationen nicht speichern. Dies kann schnell zu Unmut im Team führen, da scheinbar nicht alle „richtig“ zuhören. Den Satz: „Das haben wir doch vorhin besprochen.“ hat sicherlich jeder schon mal irgendwann gehört. Anstatt nun viel Energie darauf zu verwenden, alle Teammitglieder auf denselben Informationsstand zu bringen, können wir dieses Wissen gezielt einsetzen.
Fazit
Kleine Teams sind produktiver, weil weniger Koordinationsaufwand besteht und weil die Motivation höher ist. Aber: Warum sollte man jetzt die Teams kleiner machen und aus einer Hierarchie ein dezentrales System machen? Nehmen wir noch einmal an, wir haben ein Team aus 12 Mitgliedern plus 1 Teamleiter. Das Team, das das Produkt entwickelt, hat 66 Verbindungen. Die Alternative ist nun, aus einem Team 3 kleine zu formen à 4 Mitglieder. Innerhalb dieser Teams gibt es nur 6 Verbindungen zu organisieren. Bei einem Team von 5 Leuten hat man schon wieder 10 Verbindungen. Sie sehen also: Vier gewinnt.
Diesen Beitrag hat Björn Czybik für HOOD geschrieben.
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