Share ZU:
15 September 2015 @ Frank Stöckel

Erfolgreich ändern

In Ihrem Unternehmen, ob nun Produkt- oder Auftragsentwicklung in einer System- oder IT-Entwicklung, besteht an vielen Stellen Verbesserungsbedarf. Sie wissen noch nicht genau mit welcher Verbesserungsmaßnahme sie nun starten sollten. Sie haben Zweifel, ob eine konkrete Verbesserungsmaßnahme auch wirklich den erwarteten Nutzen bringt. Es laufen schon sehr viele Verbesserungsprojekte, deren Abhängigkeiten sie nicht überschauen. Es ist möglich, dass eine Kombination verschiedener Verbesserungsmaßnahmen vielleicht sogar Schaden für das Unternehmen erzeugen könnte.

Die Frage ist nun, wie geht man bei Verbesserungsvorhaben vor? Eine immer noch stark verbreitete Vorgehensweise besteht darin, konkrete Schwächen in einem Unternehmen zu identifizieren, sich danach Maßnahmen zu überlegen, um damit die Schwächen zu beseitigen. Dies passiert meist nicht zentral gesteuert, sondern jede Abteilung, Bereich oder Gruppe agiert für sich in ihrem eigenen Kontext. So werden die jeweils eigene Schwächen identifiziert, Verbesserungsmaßnahmen erarbeitet, priorisiert und umgesetzt.

Beispiele:

  1. Die Testabteilung kauft sich eine Testautomatisierungswerkzeugumgebung mit dem Ziel den Aufwand für das Testen künftig zu reduzieren.
  2. Die Analystengruppe schickt alle ihre Analysten bzw. Business-Analysten auf einen dreitätigen Kurs, der die Personen in der Erhebung, Formulierung, Prüfung und Modellierung von Anforderungen schult.
  3. Die Software-Entwicklung selbst entscheidet sich dafür Scrum einzuführen und beauftragt dafür extern mehrere Scrum-Master, die die Beteiligten in der neuen Vorgehensweise schult und konkret in laufenden Projekten unterstützt.

Diese Maßnahmen verfolgen einen konkreten Zweck. Inwieweit sie sich möglichweise mit den Maßnahmen der anderen Abteilungen, Bereiche oder Gruppen beeinflussen und ob sie wirklich für das Unternehmen einen Nutzen bringen, muss sich erst noch zeigen.

Im Folgenden ist eine andere Vorgehensweise dargestellt, um auf zielführende Verbesserungsmaßnahmen zu kommen.

Folgendes Vorgehen:

1. Schritt – Unternehmensziele definieren

Ermittlung bzw. Abstimmung der aktuellen Unternehmensziele (siehe folgendes Beispiel)

ZieleBild – Unternehmensziele

2. Schritt – Ermittlung des aktuell am wenigsten erreichten Ziels

Welches Ziel wird aktuell aus Sicht des Unternehmens maßgeblich nicht erreicht?

Beispiel: Ziel Nr. 2 „Innovative Produkte entwickeln“

3. Schritt – Hauptursache erfragen

Durch Fragetechniken wird ermittelt, warum das Ziel aus Schritt Nr. 2 aktuell nicht erreicht wird.

Frage: Was ist der maßgebliche Grund dafür, dass aktuell das Unternehmen keine innovativen Produkte entwickelt?

Mögliche Antworten darauf könnten sein:

  1. Im Unternehmen ist die Verantwortung bzw. die Aufgabe keiner Person oder Gruppe zugeordnet. Keiner fühlt sich für die Aufgabe verantwortlich.
  2. Die Verantwortlichen für diese Aufgabe verfügen nicht über ausreichend Zeit dies zu tun.
  3. Die Verantwortlichen für diese Aufgabe verfügen nicht über ausreichende Kenntnisse und Fähigkeiten innovative Produkte zu definieren.

Bei diesem Schritt ist es wichtig zwischen Symptomen und Ursachen zu differenzieren. Wichtig ist es zu den eigentlichen Ursachen bzw. zur Hauptursache der Symptome zu kommen.

Annahme: Die Hauptursache für die Nichterreichung des Unternehmensziels aus Schritt Nr. 2 „Innovative Produkte entwickeln“ ist, dass die Verantwortlichen für diese Aufgabe nicht über ausreichend Zeit verfügen. Grund dafür ist, dass die Mitarbeiter in zu vielen Projekten (> 5 Projekte) gleichzeitig eingebunden sind.

4. Schritt: – Entwicklung einer Maßnahme, um die Hauptursache aus Schritt 3 aufzulösen

Ziel der Maßnahmen muss es sein, die notwendige Verfügbarkeit der bei der Produktinnovation beteiligten Personen zu schaffen. Ansätze können hier sein, die betroffenen Personen zu entlasten (z.B. durch Begrenzung von Projektarbeiten) oder neue Mitarbeiter für diese Aufgaben zu gewinnen. Dies muss noch genauer erarbeitet werden.

Das Beispiel soll hier exemplarisch aufzeigen, wie man mit möglichst wenig Aufwand einen größtmöglichen Nutzen generieren kann, wenn der Fokus auf Beseitigung der Hauptursache gerichtet ist. Deshalb wird dringend empfohlen die Hauptursache im Kontext des gesamten Unternehmens und basierend auf den Unternehmenszielen zu suchen.

Die Umsetzung einer anderen Maßnahmen z.B. Punkt 1. oder 3. (aus Schritt Nr. 3) würde nicht nur keinen Nutzen bringen, sondern würde die jetzige Unternehmenssituation noch verschlechtern. Wenn beispielsweise eine Schulungsmaßnahme zur Beseitigung von 3. durchgeführt würde, hätten die Mitarbeiter noch weniger Zeit für Ihre eigentliche Arbeit haben und die Situation würde sich wahrscheinlich weiter verschlechtern.

Eine Grundlage für erfolgreiche Änderungen in Unternehmen ist es die Hauptursache für eine Nicht-Zielrreichung zu finden. Wenn die Ursache gefunden ist, müssen natürlich noch zielführende Maßnahmen definiert werden, um das Kernproblem zu lösen. Das hier aufgeführte Vorgehen lehnt sich sehr stark an das Verfahren namens Theory of Constraints (TOC) von Dr. Eli Goldratt an.

Eine genauere Erklärung und Vertiefung von diesem Thema stellen wir am 9.10.2015 im Rahmen unserer Serie „Business Breakfast“ in München vor. Siehe http://www.hood-group.com/requirements/#c887.

Frank Stöckel

Kontaktieren Sie Frank Stöckel

Herr Frank Stöckel ist als Principal Consultant im Bereich Requirements Engineering (RE) tätig. Seine Schwerpunkte liegen in der Einführung von Requirements Engineering in Entwicklungsunternehmen mit Hilfe von Assessments, Seminaren, Workshops und Coaching. Fokus hierbei stellen wichtige initiale Pilotprojekte dar, die dann in unternehmensweite Prozessverbesserungsmaßnahmen führen, um RE langfristig in Entwicklungsunternehmen zu etablieren. Herr Stöckel führt Werkzeugauswahlverfahren für RM Tools durch, erarbeitet Konzepte zur Realisierung und Einführung von DV-Lösungen unter Einbindung von Werkzeugen des gesamten Entwicklungsprozesses. Darüber hinaus hat er in den letzten Jahren insbesondere in der Automobilindustrie Produktivstellungen (Roll-Outs) sowie Prozessentwicklungen von Anforderungsmanagement inkl. angrenzenden Prozessdisziplinen wie Projekt- und Testmanagement, Änderungsmanagement, Systemmodellierung, Lieferantendatenaustausch etc. erfolgreich geleitet. Kenntnisse in Modellierungstechniken runden sein Profil ab. Als erfahrener Trainer gibt er sein vielfältiges Wissen weiter, z.B. auch als akkreditierter Trainer für den Kurs „Certified Professional Requirements Engineering - Foundation Level".