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31 December 2014 @ Jens Donig

Das Familienexperiment

Die lieben KinderWeihnachtszeit ist Familienzeit und das ist auch ein schöner Brauch in unserer Familie. Jenseits der interessanten Kundenprojekte der letzten Monate, bleibt in den Tagen des Jahreswechsels vor allem Zeit zum Durchatmen und Erholen. So hatte ich viel mehr Gelegenheiten als sonst, meine Kinder anstatt meine Kunden zu beobachten. Die Analyse führte zu der Erkenntnis, dass bei einigen Erziehungsfragen eingegriffen werden muss. Und so war die Zeit für ein Experiment in unserer Familie gekommen.

Ziele der Eltern

Wir, die Eltern, wollten in einigen Dingen das Verhalten unserer Kinder (6 und 9) verändern. Da wären unter anderen:

  • Nach dem Essen Tisch abräumen
  • Nach jedem Spiel sofort aufräumen
  • Hausschuhe anziehen
  • Müll immer sofort in den Abfall schmeißen
  • Eine Lerneinheit schaffen
  • Selbstständige die Morgen- und Abendtoilette machen
  • Hilfsbereit während des Tages sein
  • Saubere Wäsche zusammenlegen
  • Ranzen packen, die Federmappe aufräumen und Stifte spitzen

Sicher kennen Sie diese oder ähnliche Tätigkeit auch aus Ihrer Familie. Bisher müssen wir jeden Punkt täglich motivieren und nachverflogen, was in „normalen“ Arbeitswochen dazu führt, dass einfach einige Aufgaben liegen bleiben. Deshalb sollen die gewünschten Änderungen weniger Zeit (und Nerven) als jetzt von uns Eltern in Anspruch nehmen.

Die Methoden

Die Aktivitäten unserer Kinder lassen sich hervorragend in Verhaltensregeln überführen. Aber wie können wir sicherstellen, dass diese Regeln befolgt werden?

Bei den Überlegungen, wie wir unsere anspruchsvollen Ziele erreichen können, habe ich mir einige Aspekte von erfolgreicher Teamarbeit, die wir auch bei unseren Kundenprojekten immer im Auge haben, zu Grunde gelegt.

Vertrauensvolle Transparenz: Alle in der Familie können nachvollziehen, welche Regeln es gibt und wie deren Einhaltung erfolgt. Neue Regeln und Ziele werden nur gemeinsam besprochen und beschlossen. Jede Bewertung erfolgt gemeinsam und ist immer für alle sichtbar.

Selbstorganisation: Die Kinder bestimmen selber wann und in welcher Reihenfolge Regeln befolgt werden. Die Eltern geben nur einen Zeitrahmen vor (am Morgen, einmal am Tag, am Abend, etc.).

Eigenverantwortung: Das erledigen der Aufgaben hat immer ein Ergebnis, das gemessen werden kann. Nur das erreichte Ergebnis ist wichtig. Beispielsweise müssen die sauberen Anziehsachen am Abend zusammengelegt werden. Für die Einhaltung der Regel ist wichtig, dass ein Stapel der noch sauberen Kleidung zusammengelegt wurde. Wie es dazu gekommen ist spielt also keine Rolle. Dieses Prinzip gilt für jede Aufgabe/Regel, denn wir glauben, dass Verantwortung nur mit einem messbaren Ergebnis verbunden werden kann.

Schnelles Feedback: Wenn Aufgaben gemacht wurden und Ergebnisse entstanden sind, wird sofort „getestet“. Die Eltern geben qualifiziertes Feedback zu den Ergebnissen und machen ggf. Angebote für Verbesserungen in der Zukunft. Das Einhalten oder Verletzen von Regeln wird immer sofort kommuniziert, wenn die Beobachtung gemacht wurde.

Reale Ziele: Ziele werden mit den Kindern vereinbart, die durch das Einhalten von Regeln erreicht werden können. Nicht alle Regeln müssen jeden Tag eingehalten werden, um die Ziele zu erreichen. Es bleibt, ein von den Eltern bewusst akzeptierter, Raum für Regelverletzungen. Damit entstehen realistische Ziele für die Kinder.

Motivierender Wettbewerb: Die Kinder können ihre Zielerreichung vergleichen, haben aber auch gemeinsame Ziele. Belohnungen können zum Teil selber durch die Kinder bestimmt werden. Auch hier setzen wir Eltern nur den Rahmen.

Erfolgsprüfung: Wir Eltern müssen die „Akzeptanz Tests“ machen, ob die Regeln und damit die Ergebnisse erreicht wurden. Wir müssen den Erfolg oder Misserfolg transparent machen und Angebote unterbreiten, welche Ergebnisse verbessert werden können.

Das Ziel unseres Experimentes war es nun, diese Aspekte so gut wie möglich in die Praxis umzusetzen.

Das Experiment

Unser Experiment greift dabei verschiedene Schemata auf. Zum einen soll der spielerische Aspekt im Vordergrund stehen. Positives soll vor allem verstärkt werden und der Erfolg muss sofort sichtbar sein. Des Weiteren soll sich das geänderte Verhalten über den ganzen Tag verteilen und sukzessive fester Bestandteil des Alltags werden.

Wir haben also ein Belohnungssystem entwickelt, welches Tages-, Wochen- und Monatsziele enthält. Das Einhalten der Regeln bzw. die damit geschafften Ergebnisse werden mit Punkten versehen. Sobald ein Ergebnis vorliegt, werden die Punkte zugeschrieben. An einer Magnettafel im Treppenhaus werden die Punkte aktualisiert.

Für die Tages-, Wochen- und Monatsziele gibt es eine Zielpunktzahl, die zu erreichen ist. Damit verbunden sind positive Symbole auf der Magnetwand und Preise, die sozusagen hinter diesen Symbolen stehen.

Hier nun die Spielregeln zum Einhalten der Verhaltensregeln:

  • Nur die Eltern dürfen Punkte vergeben.
  • Für “Immer – Regeln” werden dann mit Punkte vergeben, wenn die Eltern es sehen, oder die Kinder die Eltern darauf aufmerksam machen.
  • Für “Lernen – Regeln” werden die Punkte einmal am Tag vergeben.
  • Für “Am Abend – Regeln” werden die Punkte jeden Abend vergeben.
  • Für “Am Morgen – Regeln” werden die Punkte einmal am Tag vergeben.

Jeden Tag können mindestens 10 Punkte gesammelt werden. Werden die Regeln nicht eingehalten, können mindestens -3 Punkte an einem Tag anfallen.

Tages-Auswertung – NUR wenn am Abend vor dem Sandmann (bis 19:00 Uhr) für diesen Tag 7 Punkte von einem gesammelt wurden, darf Sandmann und Nachfilm gesehen werden.

Wochen-Auswertung – Wenn von Sonntag bis zum nächsten Samstag mindestens 100 Punkte von beiden gesammelt wurden, dann dürfen die Kinder den Sonntagsausflug bestimmen.

Monats-Auswertung – Wenn in einem Monat (30/31 Tage) mindestens 220 Punkte von einem gesammelt wurden, dann gibt es einen Preis (max. 12 Euro).

Unser Board zeigt die Ziele und die aktuell erreichten Punkte auf einen Blick:

Familienexperiment_Board

Wir Eltern hatten ab nun die Aufgabe Punkte zu verteilen und da und dort auf die noch nicht erstellten Ergebnisse hinzuweisen – natürlich immer mit dem Hinweis auf das Spiel und die Punkte.

Erste Ergebnisse

Ich war doch sehr überrascht mit welcher Begeisterung unsere Kinder das Spiel aufgenommen haben. Um noch mehr Punkte bekommen zu können, wurde der Regelkatalog von den Kindern gleich erweitert. Besonders die Ziel-Preise kamen gut an. Mehr oder weniger unbewusst halten die Regeln Einzug in den Tagesablauf. Beispielsweise mussten wir Eltern seit Tagen das Tischdecken und Tischabräumen nicht extra motivieren. Also ein guter Start, wohlwissend, dass sich die Anfangseuphorie noch legen wird. Aus unserer Sicht hat sich das Experiment jedenfalls schon gelohnt. Denn abgesehen vom Ausgang des Experimentes, konnten wir unsere Erwartungen einmal mehr spielerisch vermitteln und die Werte vorleben, die mit den angewendeten Methoden verbunden sind.

Fazit

Natürlich könnte ich jetzt viel über die Parallelen zwischen unserem Familienexperiment und der Teamarbeit meiner Kundenprojekte berichten. Oder darüber was uns Erwachsenen oft fehlt, um auf neue Dinge so begeistert zu reagieren, wie meine Kinder. Aber das überlasse ich diesmal gerne Ihnen. Denn Weihnachtszeit ist Familienzeit.

Ich wünsche Ihnen ein gesundes, freudiges und erfolgreiches 2015 und weiter viel Freude mit unserem HOOD Blog.

Viele Grüße, Ihr Jens Donig

Jens Donig

Kontaktieren Sie Jens Donig

Jens Donig ist systemischer Coach (dvct) und Principal Consultant für Software- und Systems- Engineering. Die Schwerpunkte seiner Coaching- und Beratungstätigkeit liegen in den Bereichen Organisationsentwicklung, Teamentwicklung und der persönlichen Entwicklung seiner Kunden. Seit mehreren Jahren beschäftigt er sich mich intensiv mit der nachhaltigen Verankerung von Veränderungsprozessen in Organisationen verschiedener Branchen. Auf Basis des systemischen Coachings, von Transformationsprozessen und agiler Werte und Prinzipien, begleitet er seine Kunden erfolgreich auf ihrem persönlichen Weg der Weiterentwicklung und Veränderung.