Requirement Clarification – Braucht man das?
„In plattform-basierten Technologieprojekten bestehen hohe Einsparpotenziale bei rechtzeitiger Durchführung einer konsequenten Anforderungsklärung (Requirement Clarification)“.
Was steckt hinter dieser Aussage?
- Plattform-basierte Technologieprojekte zeichnen sich dadurch aus, dass eine Technologie-Plattform Dienste und Schnittstellen für unterschiedliche Systeme bereitstellt, die auf dieser Plattform betrieben werden.
- Requirement Clarification ist in diesem Zusammenhang der Prozessschritt zur Klärung, ob eine Anforderung der Technologie-Plattform wirklich für das konkrete System anwendbar ist und ob für diese Anforderung eine formale Verifikation erforderlich ist oder ob eine Konformitätserklärung (Statement of Compliance) ausreicht.
Betrachten wir zur Verdeutlichung die folgenden beiden Szenarien:
- In Projekt A werden alle 100 Anforderungen der Plattform ohne weitere Klärung übernommen und eine formale Verifikation für diese Anforderungen akzeptiert.
- In Projekt B erfolgt eine Requirement Clarification für alle 100 Anforderungen der Plattform. Ergebnis dieser Requirement Clarification ist, dass nur 75 Anforderungen für das konkrete System wirklich anwendbar sind, die restlichen Anforderungen waren so formuliert, dass sie sich auf Dienste oder Schnittstellen bezogen, die für dieses System nicht benötigt werden. Im Weiteren wurde festgestellt, dass von den 75 anwendbaren Anforderungen nur für 50 Anforderungen eine formale Verifikation erforderlich ist, für die anderen 25 Anforderung ist eine Konformitätserklärung ausreichend.
Die Einsparpotenziale werden deutlich, wenn die Arbeitsschritte der beiden Szenarien bewertet werden. Grundlage für die Bewertung ist die Annahme, dass
- der Management Aufwand für eine Konformitätserklärung dreimal höher ist als der Management Aufwand für die Anforderungsklärung und
- der Management Aufwand für die formale Verifikation zehnmal höher ist als der Management Aufwand für die Anforderungsklärung
Wenn demzufolge je Anforderung für die formale Verifikation zehn Aufwandspunkte, für die Konformitätserklärung drei Aufwandspunkte und für die Anforderungsklärung ein Aufwandspunkt bewertet werden, folgt der Aufwand
- für Szenario a) mit 100 * 10 = 1000 Aufwandspunkten und der
- für Szenario b) mit 100 * 1 + 25 * 3 + 50 * 10 = 675 Aufwandspunkten.
Der Dialog mit Fachexperten und praktische Erfahrungen aus Technologieprojekten zeigen, dass diese Szenarien konservativ gerechnet sind. Betrachtet wurde nur der Management Aufwand für die Anforderungen, der weitere Aufwand für die Durchführung der formalen Verifikation wurde nicht bewertet.
Diese Einsparpotenziale beantworten die Frage nach der Notwendigkeit der Requirement Clarification recht deutlich mit „Ja“.
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Markus Eberhardt
Kontaktieren Sie Markus EberhardtMarkus Eberhardt ist seit 2011 bei der HOOD Group und spezialisiert auf Requirements Engineering und Management, mit einem besonderen Fokus auf den wertorientierten Einsatz bewährter Praktiken im agilen Umfeld. Neben seiner Beratungstätigkeit ist Markus Eberhardt auch in der Forschung aktiv, insbesondere im Bereich Requirements Engineering und Künstliche Intelligenz (KI). Er leitet das Teilvorhaben KI4RE im Rahmen des Forschungsvorhabens progressivKI. Sein breites methodisches Fundament wird durch Zertifizierungen des IREB, als Scrum Master, in SAFe und CARS untermauert. Er verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Nutzung und Verwaltung von Anforderungen mit IBM Rational DOORS, sowohl aus der Perspektive des Anwenders als auch in der Administration. Sein Wissen teilt er in Workshops, Trainings und durch Coaching in Projektteams.